Frage: Warum schreibst du Romane?
Weil es die Romane, die ich gerne lesen würde, nicht gibt. Ich habe in diesem Sinne keinen Lieblingsschriftsteller, beziehungsweise mein Lieblingsschriftsteller bin ich selbst.
Frage: Wie entwirfst du die Handlung für einen Roman?
Ich erfinde Figuren, zwischen denen eine »motivische Spannung« besteht.
Einfaches Beispiel: Frauenheld, Prostituierte, Dieb und Privatdetektiv.
Der Frauenheld flirtet mit der Prostituierten, die verlangt überraschenderweise für ihre Dienstleistungen Geld, der Dieb stiehlt den Hurenlohn und Sherlock Holmes versucht, den Diebstahl aufzuklären.
Ich lasse also verschiedene Charaktere aufeinander reagieren.
Frage: Wie kommst du auf Ideen?
Ich schöpfe meine Kreativität ab und pflege sie.
Kreativität abschöpfen heißt, ich schreibe lustige Einfälle sofort auf, beziehungsweise diktiere sie ins Handy. Das gilt auch für Träume.
Kreativität pflegen heißt, ich begebe mich absichtlich in komische Situationen und lasse skurrile Situationen auch mal »laufen«.
Ein Beispiel: Ich ging an einem Nachmittag in München spazieren und begab mich in einen Innenhof, der mich architektonisch interessierte. Da rief vom ersten Stock eine Frau herunter, dass ich mich beeilen sollte, sie habe nicht so viel Zeit. Normalerweise hätte ich die Verwechslung aufgeklärt, aber dieses Mal wollte ich wissen, wofür sie mich hielt. Es stellte sich heraus, dass ich ihrem Sohn das Klavierspielen beibringen sollte. Ich habe etwa eine Viertelstunde den Klavierlehrer gegeben, bis dann der Echte auftauchte – und natürlich war meine Verwunderung über den Irrtum riesengroß …
Zusätzlich verwende ich Kreativtechniken, beispielsweise Situationen umkehren.
Einfaches Beispiel: Verlauf eines normalen Arbeitstages: Man geht müde ins Bett, schläft und erholt sich, geht morgens ausgeruht zur Arbeit, wird müde und fährt erschöpft nach Hause.
Diesen Vorgang umkehren hieße: Man geht ausgeruht ins Bett, schläft sich müde, geht müde zur Arbeit und erholt sich während der Arbeit, sodass man erfrischt nach Hause fährt.
Anderes Beispiel: Weg zur Arbeit.
Normalerweise fährt man zur Arbeit, und nicht umgekehrt. Die Umkehrung würde bedeuten, dass ein Bürogebäude durch die Stadt fährt und die Mitarbeiter abholt.
Dies sind einfache Beispiele, aber im Grunde lassen sich alle Vorgänge und Situationen des Alltagslebens umkehren und das Ergebnis ist manchmal richtig lustig.
Frage: Wie schafft man es, dass auf jeder Seite des Romans etwas Interessantes steht?
Die Formel lautet »szenische Energie«.
Egal, welches Genre man bedient, ob Tragödie, Komödie, Melodrama, es muss sich was rühren, es muss was los sein. Bei einem Actionfilm ist es die Action, wie schon der Name verrät, bei einem Thriller ist es die Suspense. Und in einer Komödie sollte auf jeder Seite mindestens ein guter Witz oder eine witzige Szene enthalten sein.
Frage: Was sind die Zehn Gebote des Geschichtenerzählens?
1. Langweile nie den Leser.
Egal, was du erzählst, oder wie du es erzählst, es sollte interessant und unterhaltsam sein.
2. Fasse dich kurz.
Versuche mit wenigen Worten möglichst viel zu sagen. So hast du automatisch eine hohe Erzählgeschwindigkeit und es kommt keine Langweile auf.
3. Drück dich klar aus, damit du verstanden wirst.
Witzige Pointen müssen auf den Punkt genau formuliert sein, damit sie wirken.
4. Erfinde starke und prägnante Charaktere.
Geschichten sollten von interessanten und vielseitigen Menschen handeln. Niemand will wissen, was ein farbloser, langweiliger Mensch so erlebt bzw. nicht erlebt.
5. Verwende Bilder und Vergleiche.
Der Mensch ist zu 80 % ein Augenwesen, d. h. er denkt hauptsächlich visuell. Verwende deshalb Bilder und Vergleiche, damit sich der Leser das Geschilderte gut vorstellen kann.
Beispielsatz: »Obelix kämpfte sich durch die Phalanx der römischen Soldaten.«
Dieser Satz ist korrekt und man kann sich das Geschehen vorstellen.
Besser wäre: »Obelix fräste sich durch die Phalanx der römischen Soldaten wie ein Mähdrescher durch ein Kornfeld.«
6. Überrasche den Leser, so oft du kannst.
Jeder Mensch möchte ab und zu positiv überrascht werden. Also sollte deine Geschichte einige überraschende Wendungen nehmen. Wichtig dabei ist, dass die Storytwists plausibel sind und aus sich selbst heraus entstehen.
7. Schreib so, wie du Dinge wahrnimmst.
Damit ein Text leicht zu lesen ist, sollte er dem Wahrnehmungsverhalten des Menschen entsprechen.
Beispiel:
Wenn man in der Ferne einen Passanten auf sich zugehen sieht, nimmt man zuerst die Silhouette seiner Figur wahr, dann die Kleidung, schließlich persönliche Merkmale wie Kopfform, Gesicht und schlussendlich Details wie Nase, Mund, evtl. Narben.
Man sollte also diese Szene so schreiben, wie man sie im Alltag wahrnimmt.
Fängt man zuerst mit den Details an, ist der Leser irritiert. Er fragt sich: Woher weiß der Erzähler das alles, er kann es doch aus der Ferne gar nicht erkennen?
8. Gestalte Sätze nicht zu lang.
Die Aufmerksamkeitsspanne der Menschen im 21. Jahrhundert hat sich durch die Massenmedien und schnelllebige Zeit verkürzt. Im 19. Jahrhundert waren Sätze durchschnittlich 25 Wörter lang, heute sind es im Schnitt 15. Also sollte man Sätze nicht zu lang werden lassen.
9. Sei »grausam« zu dir selbst, wenn’s ums Streichen von schlechten Szenen geht.
Beim Schreiben verliebt man sich manchmal in Einfälle und hat Skrupel, sie zu streichen, wenn sie nicht gelungen sind. Dennoch sollte man professionell genug sein, misslungene Szenen zu streichen.
10. Verschaffe dem Leser ein vergnügliches Leseerlebnis.
Auch wenn es beim Schreiben manchmal hakt, sollte ein Text so zu lesen sein, als hätte ihn der Autor spontan und locker aus dem Ärmel geschüttelt.